Der Wandel hin zur E-Mobilität und Assistenzsystemen konfrontiert die Technische Sauberkeit zunehmend mit neuen Themen. Die Überarbeitung der VDA 19.1 zielt daher insbesondere auf diese neuen Anforderungen ab:
Grundsätzlich soll die VDA 19.1 in ihrer Struktur mit Kapiteln und Unterkapiteln wie bisher beibehalten werden, neue Themen werden in diese Struktur integriert, so dass Verweise aus anderen Dokumenten weitgehend beibehalten werden können. Die Umsetzung in Management- oder Prüfdokumentationen stellt daher keinen großen Aufwand dar.
Seit der Erstausgabe der VDA 19.1 vor 20 Jahren hat die Technische Sauberkeit mittlerweile für die Mehrzahl der Bauteile und Systeme in der Automobilindustrie eine durchgängige Bedeutung erlangt und ist somit ein etabliertes Qualitätsmerkmal. Damit hat auch die Prüfung der Technischen Sauberkeit durch Sauberkeitslabore deutlich zugenommen und die inzwischen große Anzahl von Laboren bei Herstellern und Dienstleistern erfordert verschiedene Präzisierungen und Anpassungen an Trends, um die Vergleichbarkeit der Prüfungen zu gewährleisten.
Die neue Ausgabe soll daher auch den vollständig standardisierten Ablauf der Prüfung - von der Verpackung und Anlieferung der Prüflinge bis zur normgerechten Auswertung - präzise beschreiben und damit keine weiteren Unsicherheiten in der Kunden-Lieferanten-Beziehung entstehen lassen. Die VDA 19.1 soll aber auch die Rahmenbedingungen für freie, fallspezifische Prüfungen beschreiben.
Der Zweck der Sauberkeitsprüfungen lassen sich für verschiedene Fälle unterscheiden:
In der Regel besteht die Sauberkeitsprüfung aus drei Stufen:
Die VDA 19.1 wird nun zwei Wege zur Prüfung von Sauberkeitsgrenzwerten vorsehen:
Die Erweiterung der Prüfmethoden trägt insbesondere den neuen Anforderungen aus dem Bereich der Elektromobilität Rechnung. Aber auch normative Lücken zu langjährig praktizierten Flüssigprüfverfahren werden nun geschlossen.
Ergänzend klassischen Flüssigextraktion spielt nun die Trockenextraktion mit der Aufnahme neuer trockener Extraktionsverfahren eine wichtige Rolle. Die bisherige “Luftextraktion” mit Abblasen und Durströmen wird durch die Trockenextraktion ersetzt und beinhaltet nun neben diesen klassischen Methoden auch das Saugen sowie den Stempeltest.
Bei der Flüssigextraktion wurde neben dem bisherigen “Spritzen” das Niederdruckspritzenaufgenommen. Im Gegensatz zum “Spritzen”, bei dem mit die Reinigungswirkung mit dem Impuls des Spritzstrahls maßgeblich unterstützt wird, erfolgt die lösende Wirkung beim Niederdruckspritzen lediglich durch die über die Oberfläche ablaufende Flüssigkeit. Das Niederdruckspritzen wurde bisher in der Praxis bei offenen Spritzeinrichtungen, also offene Extraktionssysteme oder Glasware angewendet, weil der in der VDA 19.1 festgelegte Spritzdruck (Startparameter Volumenstrom 1,5 l/min) hierfür nicht praktikabel ist. Damit ist das bisher praktizierte Niederdruckspritzen mit < 1 l/min Volumenstrom nun normativ beschrieben. Allerdings sind die Methoden aufgrund der sehr unterschiedlichen Reinigungswirkung nicht vergleichbar und müssen zukünftig zielgerichtet ausgewählt und entsprechend dokumentiert werden.
Im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung von Fasern und Partikel < 50 µm werden folgende Kriterien und Methoden erweitert:
Oft ist nicht die einzelne Faser, aber die Gesamtmenge der Fasern funktionskritisch. Auch kann im Prozess nicht die Faserlänge einzelner Fasern beherrscht werden, sondern lediglich der Gesamteintrag an Fasern. Das neue Kriterium "Gesamtfaserlänge” als Summe der gestreckten Längen der einzelnen Fasern ermöglicht zukünftig die Reglementierung der Gesamtmenge von Fasern.
Neben der lichtoptischen Standardanalyse für dunkle und metallische Partikel >50 µm auf weißem Analysefiltern, wird nun die freie lichtoptische Analyse die Erfassung von Partikeln <50 µm oder helle und kontrastarme Partikel beschrieben. Dieses Kapitel gibt exemplarische Ansätze zur zielgerichteten Analyse dieser Besonderheiten.
Auch hier wird nun die REM/EDX-Analyse als Standard-Analyse mit definierten Einstellungen und definierten Materialklassen für Partikel >50µm detailliert beschrieben. Daher bedarf auch diese REM/EDX-Standardanalyse keiner Abstimmung im Kunden-Lieferanten-Verhältnis. Sofern hiervon abweichende Fragestellungen vorliegen, z.B. Partikel <50 µm oder andere Partikelmaterialien, u.a. auch organische Materialien, wird auch hier die freie REM/EDX-Analyse einen Rahmen vorgeben.
Die 3. Ausgabe der VDA 19.1 bringt wesentliche Neuerungen und Anpassungen, die den aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Automobilindustrie gerecht werden. Insbesondere die Berücksichtigung neuer Schädigungsmechanismen und die Einführung spezifischer Sauberkeitsanforderungen für kleine Partikel und komplexe Systeme stellen entscheidende Fortschritte dar. Die Erweiterung der Prüfmethoden um Trockenextraktionsverfahren sowie die Anpassung der Analysekriterien an neue Anforderungen der modernen Automobiltechnik unterstreichen die Bedeutung der Technischen Sauberkeit als Qualitätsmerkmal. Insgesamt bietet die überarbeitete VDA 19.1 eine solide Grundlage für die Sicherung der Technischen Sauberkeit in der sich wandelnden Automobilindustrie und trägt zur Verbesserung der Zuverlässigkeit und Sicherheit moderner Fahrzeuge bei.
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